Ihr Name ist Calamity

In den letzten zehn Jahren hat die Mitarbeiterkapital-beteiligung in KMU in Großbritannien einen außerordentlichen Aufschwung erlebt. Sie entwickelte sich zügig in eine Richtung, in der jedes zehnte KMU seinen Mitarbeitenden gehören würde. Diese werden in der Regel zu 100% Eigentümer ihres Unternehmens. Ohne auch nur einen Cent selber zahlen zu müssen! Dieser Erfolg ist auf die Einführung des Mechanismus „Employee Ownership Trust” 2014 zurückzuführen.

Bis... „Calamity“ Reeves die Bühne betrat. Die Schatz-kanzlerin Rachel Reeves ist die neue Finanzministerin der 2024 an die Macht gekommenen Regierung Großbritan-niens. Entgegen dem europäischen Trend der einfacheren Unternehmensübertragung, hat Calamity Reeves beschlossen, diese doppelt und dreifach zu besteuern.

Zunächst einmal eine Erbschaftssteuer von 20 % auf die Übertragung innerhalb der Familie. Dann kündigte sie in ihrer „Budget Speech” vom 26. November eine Änderung für die Übertragung an Arbeitnehmer an.

Anstelle einer 100-prozentigen Steuerbefreiung auf den Veräußerungsgewinn des Unternehmens an die Arbeitnehmer wird die Befreiung auf 50 % reduziert.

Die Auswirkungen sind dramatisch. Von einem Tag auf den anderen ist die Übertragung von Unternehmen an die Arbeitnehmer in Großbritannien zum Stillstand gekommen. Anstatt der gewohnten zwei Unternehmensübertragungen pro Tag ist man heute bei Null. Wie erklärt sich das? Weil die Entscheidung von Calamity Reeves den Finanzierungsmechanismus für die Übertragung von Unternehmen an Mitarbeitende zunichte macht.

In der Tat, da die Finanzierung nicht von den Arbeitnehmern getragen wird, muss sie ja von woanders kommen. Der Verkauf eines Unternehmens an die Mitarbeitenden ist kreditfinanziert. Es ist wie bei einem Auto: Man kauft es auf Kredit und nutzt es vom ersten Tag. Der Trust, der die kollektive Beteiligung der Arbeitnehmenden verkörpert, kauft das Unternehmen auf Kredit, die Belegschaft profitiert vom ersten Tag an vom Eigentum. Ab diesem Zeitpunkt bekommen sie nicht nur ihr Gehalt, sondern profitieren auch vom Gewinn des Unternehmens. All dies im Austausch für eine unveränderte Arbeitskraft. So können sie den Kredit zurückbezahlen.

Damit das in dieser Größenordnung funktioniert, ist zu Beginn eine steuerliche Unterstützung nötig. Und die ist bekannt: Eigentümer, die ihr Unternehmen an ihre Mitarbeitenden verkaufen, sind von der Steuer auf den Veräußerungsgewinn befreit. So werden bei Übertragungen an Arbeitnehmende in Großbritannien die Transaktionen in der Regel innerhalb von 5 bis 7 Jahren abgeschlossen. Und das passt voll und ganz zu einem derartigen Vorhaben. Durch die Reduzierung der öffentlichen Unterstützung verlängert sich die erforderliche Dauer jedoch auf 8 bis 10 Jahre. Dadurch wird die Finanzierung sehr problematisch.

Nach diesem unglücklichen Intermezzo sind noch viele Fragen offen. Wird die britische Regierung einen Rückzieher machen? Sind alle laufenden Unternehmensübertragungen zum Scheitern verurteilt? Was ist die wahre Motivation von Calamity Reeves? – Anstatt die Übertragung in Form eines Employee Ownership Trust zu erleichtern, verspricht sie Mittel für die Förderung von Genossenschaften. Wie dem auch sei, die Frage der Unterstützung von Unternehmensübertragungen in Europa wird sich immer häufiger stellen: Unterstützung für Familien oder für Arbeitnehmer?

Weitere Informationen finden Sie in unserer Presseschau.

Marc Mathieu
Generalsekretär
EFES - EUROPEAN FEDERATION OF EMPLOYEE SHARE OWNERSHIP
EFAK - EUROPÄISCHE FÖDERATION FÜR ARBEITNEHMERKAPITALBETEILIGUNG
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Die EFES ist die Dachorganisation für kapitalbeteiligte Arbeitnehmer, Unternehmen und jeder Person, Gewerkschaft, Experte, Forscher, Institution, die Arbeitnehmerkapitalbeteiligung in Europa fördern wollen.